Manche Dinge brauchen. Zeit. Bewegung. Den richtigen Moment. Bestimmte Umstände… Manchmal ist die richtige Zeit aber auch schon längst da und man traut sich nicht etwas bestimmtes, ein Projekt, ein Plan, eine Entscheidung ins Leben zu rufen oder zu verwirklichen: die heiße Ware aus dem Ofen hinein in die Welt zu heben.

Daran musste ich denken, als ich dieses Bild in meiner Sammlung gesehen habe, während ich meine ersten Zeilen für meine neue Manna-Foto-Kolumne schreiben wollte. Woher weiß ich, wann die richtige Zeit ist? Wann bin ich bereit? Bekommt das Projekt die richtige Form? Hat es die richtige Mischung? Gelingt es überhaupt?

In der Glockengießerei in Stuttgart, in der dieses Bild entstanden ist, kommt es genau auf diese Dinge an: Die richtige Temperatur, die richtige Materialmischung, das richtige Timing. Und auf den Mut, wenn es soweit ist, nicht zu zögern, sein bestes zu geben und dann den Dingen ihren Lauf zu lassen. Flucht nach vorn quasi. Diese Mischung aus Kairos, Handwerk und Unberechenbarkeit (Fügung!?) macht es aus, dass etwas Großartiges und Einzigartiges entstehen kann – wie die Glocken, die an diesem Tag gegossen wurden und die wahrscheinlich Jahrzehnte, wenn nicht sogar Jahrhunderte lang, ertönen werden. Ein heiliger Moment.

Leuchtstoff_Ausstelung_lichterIn meinem Fall hat mir die Anfrage für eine Fotoausstellung auf die Sprünge geholfen, parallel endlich auch die bereits länger geplante Manna Foto-Kolumne zu starten. Die Ausstellung beginnt am 16. Juni (20 Uhr…) in der katholischen Hochschulgemeinde in Aachen. Dann ist in der Kaiserstadt auch Wallfahrtszeit. Die Aachener „Heiligtumsfahrt“ ist Grund genug für die KHGler, sich mit dem Thema „Provokante Stoffe“ auseinanderzusetzen. Sie fragen sich unter anderem: Was ist uns heilig? Aus welchem Stoff sind UNSERE Träume?

Einige Bilder aus der Ausstellung bilden den Anfang dieser kleinen Bild-Impuls-Kolumne. Sie will Mut machen, im Alltag das besondere zu sehen, den eigenen Blick heiß zu machen für die zauberhaften Momente zwischen Bordsteinkante, Kassenautomat und einer Regenwolke – zwischen zwei gewechselten Worten, einem Blick nach links und einer stillen Sekunde. Genau das fasziniert mich seit Jahren in meinem Leben und an der Fotografie: Momenten in die Augen zu blicken, sie zu erkennen, auszukosten, zu genießen. Und festzuhalten.

Oft fallen mir dazu irgendwelche Texte ein – ein Lied, ein Gedicht oder ein Zitat – oder verschiedene Begebenheiten, Gedanken oder sogar eine Melodie. Die Dinge gehören ja irgendwie zusammen… Daher diese Kolumne. Ein Bild im Mittelpunkt, ein paar Gedanken drumherum, viel Platz für eigenes…: Leuchtstoffe, Blicklichter, Sehens-Würdigkeiten, Kleinode, Zeitlupen, Gedankensplitter… Momentaufnahmen: Aus dem Leben – auf das Leben!

(Erschienen bei manna-magazin.de)